der ganze Rest

Mittwoch, 22. März 2006

Schachtelhalm und der "sense of wonder"

Ich glaube, das Gefühl, dass die Welt viel größer und schöner ist, als ich mir vorstellen kann, hatte ich zum ersten Mal an einem sonnigen Tag im Wald, als ich mit Schachtelhalm spielte.

Mein Vater zeigte mir die Pflanzen und ließ mich herausfinden, wie man sie auseinanderziehen kann, wie sie gewachsen waren. Ich spielte. Und er erzählte mir, das es früher einmal Schachtelhalme gegeben hatte, die viel größer waren. Dass die Erde damals anders ausgesehen hatte, mit wärmerem Wetter und anderen Tieren. Mit den Zahlen, die er nannte, konnte ich nichts anfangen. Es war zu lange her. Aber Schachtelhalme gab es noch immer, und Farne gab es noch immer, sie hatten sich nur verändert.

Die Welt war für mich unendlich viel älter geworden, als ich gedacht hatte. Aber ich war mit dieser Vergangenheit verbunden; denn früher einmal hatte vielleicht auch ein junges Tier mit Schachtelhalm gespielt, an einem sonnigen Tag.

Dienstag, 14. März 2006

Die Jugend von heute

oder: Some things never change

Neulich zum ersten Mal seit sicher zehn Jahren wieder auf der Eisbahn gewesen. Hat Spaß gemacht und ich hatte einen netten Begleiter, aber vor allem war es interessant, die massenhaft vorhandenen Jugendlichen zu beobachten.

Zwei Dinge haben sich verändert, seit ich in dem Alter war. Erstens trägt niemand mehr Levi's Jeans. Vor zehn Jahren hatte die in meiner Klasse jeder, der was auf sich hielt und nicht ausgewiesener Alternativer war (in diesem Fall trug man Cordhosen mit Schlag). Und zweitens achten die Jungs heute definitiv mehr auf ihr Äußeres. Damals gab es vielleicht die zwei Coolen, deren Klamotten nicht die Mutter kaufte, heute sind sie in der Mehrheit.

Aber am interessantesten war, dass sich so viel nicht verändert hat. Es gibt immer noch die schwarzgekleideten, langhaarigen Jungs mit Pickeln, es gibt immer noch die vierzehnjährigen Schönheiten, die nicht wissen, das sie welche sind und die dreizehnjährigen Tussis, die denken, sie wären welche. Noch immer sind Leute mit Trainingsjacken ihrer Sportvereine unterwegs. Und noch immer gibt es leicht übergewichtige1 Mädchen mit Ärzte-T-Shirt und zerfransten Jeans, die mit lieben Sprüchen und "Nirvana" beschriftet sind.

Die Sozialstrukturen ändern sich wohl auch nicht, aber die kann man schlecht beobachten, wenn man nur einzelne Cliquen sieht -- die sind ja meist aus Leuten mit ähnlichem Sozialstatus zusammengesetzt. Innerhalb der Cliquen erkennt man trotzdem auf einen Blick, wer welchen Rang hat2. Aber ich könnte z.B. nicht sagen, wer in seiner Schulklasse Außenseiter ist.

Es war ungeheuer spannend, all das zu beobachten, besonders, weil ich meine zwar Schulzeit als Schulhofanthropologin verbracht habe , aber die Ergebnisse meiner Beobachtungen heute irrelevant für mein Leben sind, während sie damals wichtig, notwendig, waren, um im Klassenverband zurechtzukommen.

Aber es verblüfft mich schon, wie sehr sich die Dinge gleich bleiben. Ich muss wohl in zehn Jahren nochmal Eislaufen gehen...


1Es ist empirisch gut bestätigt, aber immer noch rätselhaft, warum alternative Jungs tendenziell spindeldürr und alternative Mädchen tendenziell mollig sind. Ich schätze, wenn man das verstehen kann, kommt man der Weltformel näher...
2Dieses Gefühl für sozialen Status haben wohl alle Menschen; erklären kann ich es trotzdem nicht. In einem späteren Leben muss ich wirklich noch Psychologie studieren, um solche Sachen rauszufinden.

Kleine Freuden

Um drei Uhr nachts, nach zwei Stunden Schlaf, aufachen: Unschön.
Dann drei Stunden lang nicht einschlafen können, es aufgeben und arbeiten gehen: Auch unschön.
Dem Betreuer, der sich sonst über mich lustig macht, weil ich kein Frühaufsteher bin, um sieben einen Zettel zu schreiben, er möge vorbeikommen, wenn er da ist: Un-be-zahl-bar. Sein Gesichtsausdruck, als er um halb neun vorbeikam, war die Aktion fast wert :)

Wenn jetzt noch mein Programm laufen würde...

Freitag, 10. März 2006

Dresden

Ich bin irritiert.

Weil ich dieses Jahr gleich zweimal in Dresden ein paar Stunden neben einen Poster stehen und dann mit Physikern saufen auf Konferenzen sein werde, ist für mich "Dresden" mit "Konferenz" synonym. Das andere Leute dabei an Bombenangriffe bzw. Filme darüber denken, verwirrt.

Weil ich immer denke, ach, der schreibt über Dresden, ob er auch hinfährt? Und mich dann dran erinnere, was für Nischenereignisse wissenschaftliche Konferenzen sind.

Wobei, damals, in der guten alten Zeit, gab es ja sogar ein Woodstock of physics. Ich habe aber keine Ahnung, wie das "von außen" gewirkt hat. Wahrscheinlich gar nicht, in Dresden weiß die Bevölkerung ja auch nur, das da wieder mal haufenweise komische Leute einfallen.

Dienstag, 7. März 2006

Falsch gelaufen

Das kann nicht der Sinn von Schleichwerbung sein: Wenn ich Werbung für hlx sehe, denke ich an die PARTEI, nicht umgekehrt.

Irgendwas haben die doch falsch gemacht...

Donnerstag, 23. Februar 2006

Alte Säcke

Von den vielen Charaktären, die man an Unis und Forschungseinrichtungen so trifft, mag ich die Alten Säcke am wenigsten. Ich meine jetzt nicht die Senioren, die als Gasthörer an Universitäten auftauchen und den Betrieb mit dämlichen Fragen und Anekdoten lahmlegen. Als Festkörperphysiker musste ich unter diesem Phänomen nämlich nie wirklich leiden. Nein, ich meine die altgedienten Wissenschaftler, die, kurz vor oder lange nach Erreichen des Rentenalters, noch an ihrem Arbeitsplatz kleben.

Ich komme mit den Leuten nicht gut klar. Zum einen, weil ich ohne Großväter aufgewachsen bin und nie so recht weiss, was ich von alten Männern halten soll. Zum anderen, weil sie Umgangsformen haben, die ich verwirrend finde; sie haben eine Art, einem als Frau zu begegnen (inklusive Türenaufhalten!), die ich nicht gewohnt bin. Ich weiss nie, wie ich auf "die alte Schule" reagieren soll.

Vor allem aber finde ich es sehr anstrengend, mich mit Alten Säcken zu unterhalten. Sie haben eine sehr breitgestreute Bildung, sind kulturell interessiert, und sondern zu allem ihre Meinung ab. Sei es zur Bibel ("ein Evangelium der Liebe"), zu Napoleon ("ein großer Mann, der Europa vereinigen wollte und ganz arg missverstanden wird") oder zur politischen Lage ("also ich als moderater Nationalist..."). Diese Meinungen sind selten fundiert, aber die Alten Säcke sind ungemein konservativ und lassen selten von ihren Meinungen ab.

Genausowenig kann man mit den Alten Säcken über Physik reden. Sie haben ihre Vorurteile und dabei bleibt's auch; Diskussionen sind deswegen eigentlich überflüssig, denn Alte Säcke von irgendetwas überzeugen kann man auch nicht. Besonders zum Tragen kommt diese Eigenschaft bei Vorträgen, wo die alten Säcke prinzipiell zur Diskussion nur nicht sehr intelligente Fragen beitragen oder aber endlose Abschweifungen. Also vielleicht doch so ähnlich wie die Seniorstudenten; scheint eine Frage des Alters zu sein...

Ob man auch mal so wird? Ob man das vermeiden kann? Und was macht man dagegen, außer die Herren einfach mit 65 brutal aus den Instituten zu entfernen?

Montag, 20. Februar 2006

Falsches Jahrhundert

In einem Gespräch minutenlang vollkommen verwirrt gewesen, weil die Gesprächspartnerin dauernd von "Fundamentalisten" redete und ich ganz selbstverständlich an christliche dachte, während sie ebenso selbstverständlich islamische meinte.

Falsches Jahrhundert, definitiv.

Donnerstag, 16. Februar 2006

Cafe Europe

Mit drei Italienern und einer Serbin in einem schwäbischen Lokal sitzen und auf Englisch Witze erzählen, die mit "Ein Däne, ein Schwede und ein Norweger..." anfangen, das könnte Europa sein.

Und die Erfahrungen eines Sizilianers in Göteborg sind zum wegwerfen komisch. Da gibt es Kollegen, die Kaffee trinken gehen und eine halbe Stunde schweigen. Kollegen, die man als "cold fish" und "dead fish" unterscheiden kann. Und die Tatsache, dass es sehr merkwürdig ist, den Chef in der Sauna nackt zu sehen.

Very funny evening, indeed. Und ich weiss jetzt, mit was für Gesten ich italienische Autofahrer am besten beleidigen kann..

Mittwoch, 15. Februar 2006

Siebziger-Jahre-Wiedergänger

Der Vaihinger Campus der Uni Stuttgart irritiert mich maßlos. Das ganze Ding sieht so gelungen nach den 70er Jahren aus, das man beinahe ein Zeitloch oder eine Kausalitätsschleife vermuten könnte. Es gibt Gebäudeklätze aus Sichtbeton, die außen in zarten Pastellfarben notdürftig gestrichen sind. Es gibt Innenausstattung in brüllenden Komplementärfarben. Und überhaupt ist das ganze Gelände dermaßen hässlich, dass man fast übersehen kann, wie hübsch die Landschaft drumherum ist. vor allem gibt es aber auch die richtigen Parolen: "Krishna forever", "Kapitalismus abschaffen" und, ganz groß, "Tötet Beamte". Das letzteres an einem Ort, wo es durchaus Beamte gibt, stehenbleibt, spricht für mich dafür, dass das Ganze in der Tat musealen Charakter hat.

Das macht ja auch Sinn. War schließlich eine große Zeit für die deutsche Universität. Und jetzt, wo all das erreichte in Verruf kommt, schadet es vielleicht gar nicht, es auszustellen.

Nur Erklärungstafeln wären hübsch. Sonst weiß doch gar niemand, was mit "Kapitalismus abschaffen" gemeint sein könnte...

Freitag, 10. Februar 2006

Zitat, verzweifelt gesucht

Ich muss in zwei Wochen einen Vortrag halten, und wenn man da schon erwähnt, das irgendwer irgendwas gemacht hat, sollte man wohl ein Zitat anbringen. Logisch. Erstmal muss man natürlich die Veröffentlichung finden. Sollte eigentlich kein Problem sein, auch wenn man den Autor nicht kennt. Eine andere Gruppe hatte dasselbe Problem zur gleichen Zeit mit einer anderen Methode bearbeitet -- da sollten sich die Gruppen gegenseitig zitieren, das wäre schon guter Stil. Fehlanzeige. Naja, Experimentatoren gab es auch, die müssten doch die beiden Theoriegruppen mal zitiert haben. Nada. Wir wussten, wo die gesuchte Gruppe gearbeitet hat, also Homepage durchsucht. Veröffentlichungen gab es schon, aber nicht die gesuchte. Irgendwer erinnerte sich dann vage, dass vielleicht die Subgruppe von xy verantwortlich war, und der Chef nicht draufstand, und das Ding sich deswegen auf der Seite nicht finden ließ. Also den xy gegoogelt, Tagungsabstract zum richtigen Thema gefunden, mit Referenz, hurra! Nur dass die leider nicht gestimmt hat. Genauer gesagt war sie derart falsch, dass ich mich frage, wie die Jungs das hinbekommen haben. Zufallsgenerator, anyone?

Aber ich rege mich ja nicht auf. Unter den anderen Suchergebnissen (irgendwo auf Platz 12...) war dann ja auch das Paper. Geht doch.

[file under: Living the scientific life. Oder: Verschwendung von Steuergeldern. Aber das ist es sowieso]

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